Lösung

Zu a) Man findet sofort Gegenbeispiele. Etwa a=2 und b=3. Dann ist ½+1/3=5/6, nicht aber 1/5. Kurz, die Regel ist nicht allgemeingültig. Gilt sie in gewissen Fällen? Wir werden unten sehen, dass das sie nie das korrekte Ergebnis liefert.

Wie groß ist nun der eingeführte relative Fehler? Dazu nehmen wir die folgende Umformung vor, wobei wir noch q=b/a setzen:

Der Fehler hängt somit nur von q ab. Das Problem läuft jetzt auf eine einfache Kurvendiskussion in einer Variablen hinaus, wie sie im Skript besprochen wird. Der Graph sieht wie folgt aus mit einem Minimum bei x=1 und einem Minimalwert von ¾:

D.h. aber, dass man immer einen Fehler von mindestens 75% macht! Allgemein heißt das: Zu gegebenen a und b bilde q, dann liefert der Graph den zugehörigen R-Wert. Dieser ist immer positiv und größer als ¾.

Jetzt zur Interpretation desr falschen Regel: Eine der wichtigsten mathematischen Eigenschaften ist die Linearität. Im Vorkurs taucht sie an mehreren Stellen auf. Etwa bei der Matrixrechnung Kap.5 (5.1.27), der Ableitung Kap.9.3.2a oder auch der Integration Kap.12 (12.1.32). Und ganz zu Beginn bei der Behandlung der Distributivgesetze. Ist eine mathematische Operation linear, so ist das für die Arbeit damit ausgesprochen günstig. Eine der Einführungsveranstaltungen der Hochschule in die Mathematik heißt in der Regel Lineare Algebra, beschäftigt sich also letztlich mit allgemeinen Konsequenzen der Linearität. Nur: Die Operation des Übergangs zur reziproken Zahl (von x nach 1/x) ist eben leider nicht linear. Jemand der die falsche Regel benutzt, tut damit eigentlich etwas sehr geschicktes. Er dehnt die Linearität mit instinktiver Analogie auf diesen Fall aus, was für die Recheneffizienz sehr nützlich ist, nur eben unzulässig ist. Und mathematisches Denken verlangt, dass man so etwas rechtfertigen kann. Das Beispiel verdeutlicht die Bedeutung solchen Vorgehens.


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